Bei ihr kommen zwei verschiedene Paris zusammen:
Das alte, romantische, melancholische mit den elegischen Chansons der großen Diven; und das neue, junge, hippe, kosmopolitische, mit Einflüssen aus der ganzen Welt. Camille Bertault ist einer der neu funkelnden Sterne am Pariser Musikhimmel, eine Art neue Zaz, nur diesmal eher im Jazz zuhause. Erst lernte sie Klavierspielen, später nahm sie Schauspielunterricht, bevor sie ab 2010 Jazz am Conservatoire de Paris studierte. Als waschechte Pariserin hält sie der Stadt an der Seine natürlich die Treue, etwas anderes kommt ja gar nicht in Frage! Heute wohnt sie im angesagten 11. Arrondissement, wo ebenso zwei Welten aufeinanderprallen wie in ihrer Musik: Hier die Bars der Rue Oberkampf, gleich daneben die mächtige Opéra Bastille. „Hier ist es einfach perfekt für mich“, schwärmt sie.
Jetzt im Sommer spielt sie viele Konzerte und tritt am 9. Juli 2023 auch in der Musikschule Fellbach auf.
„Jedes Konzert ist ein Geschenk“, sagt sie. „Durch meinen Job lerne ich viele spannende Menschen kennen und reise an Orte, die ich sonst wohl nie besucht hätte. Natürlich ist es auch manchmal anstrengend, aber in diesen Momenten erinnere ich mich immer daran, dass ich das machen kann, was ich wirklich liebe.“ Ebenso gern ist sie aber bei sich zuhause, im lebhaften Elften, und genießt, wie jetzt, den Sommer. „Okay, hier kommt mein perfekter Tag in Paris“, so die Sängerin. „Ich schlafe lang, genieße ein langes und üppiges Frühstück in der Sonne, mache Yoga, spiele ein wenig Kontrabass, gehe mit Musik im Ohr spazieren, mache Sport, treffe mich mit Freunden, schaue mit ihnen einen guten Film und lese ein Buch bei offenem Fenster.“
Da würde man doch gleich gern mitmachen. Für Camille Bertault gehört das Reisen aber ebenso zu ihrem Leben wie das Pariser Stadtleben. Was in ihrem Koffer nie fehlen darf? „Mikrofon, iPad mit Texten, mein Bühnenoutfit, Wasser, Kopfhörer, ein Buch und mein Laptop“, verrät sie uns. Selbst ein probates Mittel gegen Heimweh führt sie mit sich: „Wenn es man schlimm wird, stelle ich mir schon vor, wie ich zuhause in meinem Bett liege, alles ruhig ist, und meine Katze auf meinem Bauch schnurrt.“ Für kein Geld der Welt würde sie aber nur wegen ein bisschen Heimweh auf diesen Moment verzichten, auf die Bühne zu gehen. „Ein Konzert bedeutet, Energie direkt mit dem Publikum zu teilen“, berichtet sie. „Es geht um Adrenalin, um Risiken, um einen einzigartigen Moment.“
Mit acht Jahren entdeckt man in einem Pariser Konservatorium ihre außergewöhnliche Stimme ...
... heute gehört sie zu den neuen Jazz-Hoffnungen Frankreichs. Wenn Camille Bertault singt, singt sie, als hinge ihr Leben davon ab. Abend um Abend. „Ich singe aus einem einzigen Grund“, sagt sie. „Um das auszudrücken, was ich nicht in Worte fassen kann.“ Ein Konzert von ihr ist deswegen ein besonders intensives, intimes Erlebnis. Selbst wer des Französischen nicht mächtig ist, wird instinktiv fühlen, worum es geht. Alle gute Musik kann das. Neben Jazz lässt die Sängerin dabei viele andere Einflüsse durchscheinen, gibt sich mal poppig, mal folkig und mal progressiv. Kein Wunder – bei dieser Bandbreite an Einflüssen. „Ich liebe Björk, Fiona Apple, Carmen McRae oder Joao Gilberto“, so die 36-Jährige. Zugleich hört man ihrer Musik an, dass sie ihren eigenen Weg geht, ihre eigene Nische findet. Das wird man auch beim Kultursommer merken. Abschließend bringt sie auf den Punkt, was uns bei ihrem Auftritt in Fellbach erwartet. „Eine Reise in meine Fantasie.“ Klingt nach einem perfekten Sommerabend.