Frau Dr. Lambert, ich hatte heute Morgen ein weiches Ei, ein Butterbrot, einen Obstsalat und einen Kaffee mit Kuhmilch. War das Frühstück ein guter Start in den Morgen?
Pauschal gesagt war das auf jeden Fall ein gesundes Frühstück. Mit Blick auf die einzelnen Bestandteile kann man da aber auch ein bisschen detaillierter werden. Starten wir mit dem Ei und der Butter. Beides in Maßen und mit Genuss, völlig in Ordnung. Und dazu sei gesagt: Margarine und Butter – das macht für die Gesundheit nicht wirklich einen Unterschied. Worauf die hellgelbe Masse gestrichen wird, aber schon. Wenn es ein Vollkornbrot ist: super, denn Ballaststoffe – das kann man so pauschal sagen – nehmen wir Deutsche zu wenig zu uns. Durchschnittlich 30 g/pro Tag sollten Sie an Ballaststoffen zu sich nehmen. Gut, wenn Sie damit schon beim Frühstück starten.
Stichwort Milch: Macht mich das Frühstück zu einer Klimasünderin?
Nun, Milch – wie alle tierischen Produkte ganz generell – hat definitiv einen ungünstigen CO2-Fußabdruck, da Kühe viel klimaschädliches Methan produzieren und auch das benötigte Futtermittel für die Tiere, zur Treibgasemission beiträgt. Da das aber weitgehend bekannt ist, lassen Sie uns auch mal einen Blick auf Ihren Obstsalat werfen. Sind das regionale Früchte der Saison oder ist es ein subtropischer Früchtecocktail mit Flug-Mango? Bei Letzterem rückt das Thema Milch nämlich ganz schnell in den Klima-Hintergrund. Auch Zitrusfrüchte sind nicht unbedingt klimafreundlich – sie verbrauchen nämlich ganz schön viel Wasser bis sie bei uns auf dem Teller landen. Prinzipiell sollte man sich aber eher die Frage stellen: Wie häufig esse ich das? Und vor allem: Wie sieht mein gesamtes Konsumverhalten aus? Habe ich mir jetzt einmal eine tropische Frucht gegönnt, bin aber im Alltag prinzipiell mit dem Fahrrad oder den Öffentlichen unterwegs oder esse ich 3x die Woche eine Ananas, die ich mit meinem SUV im Supermarkt gekauft habe?
Woraus besteht eigentlich eine „gute“ Mahlzeit?
Da möchte ich nicht nur den abgesteckten Zeitraum einer Mahlzeit in den Fokus rücken, sondern mir gerne mal eine ganze Woche anschauen. Wenn man ein paar Jahrzehnte zurück geht, war innerhalb so einer Woche nämlich der Sonntagsbraten das Wochen-Highlight. Unter der Woche gab es meist, aus Kostengründen, eher eine vegetarische Ernährung. Wenig bis kein Convenience waren der Standard und keine Ausnahme. Dadurch haben wir auch weitaus weniger Salz und weniger einfachen Zucker zu uns genommen, dafür aber mehr Ballaststoffe. Daran sollten wir uns orientieren. Ohne schlechtes Gewissen genießen – absolut richtig und notwendig –, aber bewusster und auch gerne mal mit einem Bewusstsein für saisonale Einschränkungen, das ist die Devise. Nehmen wir das Beispiel Spargel: limitiert auf eine Saison und dadurch auch mit besonderer Freude verbunden. Das lässt sich auch auf unseren genussfreudigen „alles-zu-jeder-Zeit“-Gedanken anwenden. Der Schlüssel zu einer guten Ernährung ist also immer Verhältnismäßigkeit, kein kompletter Verzicht. Und wenn Sie jetzt noch einen ganz allgemeinen Tipp haben wollen: Investieren Sie in gute Öle. Gerne kaltgepresst. Ein Olivenöl ist super – aber auch weniger weit gereistes. Ein Walnuss-Öl beispielsweise für Salate und ein Rapsöl zum Anbraten und Sie haben schon viel richtig gemacht.
Es heißt, wir leben immer ungesünder. Woran liegt das und was sind die Hauptprobleme?
Kurz zusammengefasst: zu viel Industriezucker, zu wenig gesunde Fette, zu wenig Ballaststoffe und definitiv zu wenig Bewegung. Über die Jahre hätten sich die Portionsgrößen unserer Mahlzeiten an unseren weniger aktiven Alltag anpassen müssen. Statt kleiner, sind sie aber größer geworden. Das lässt sich am Beispiel der Portionsgrößen von Fast-Food-Ketten gut belegen. Das zu viel, bei zu wenig Bewegung – definitiv eines der größten Probleme.
„Das dreckige Dutzend“ – Kein Western, sondern die 12 Lebensmittel, die besonders stark mit Pestiziden belastet sind. Darunter auch: Pfirsiche und Tomaten. Warum eigentlich gerade die?
Besonders sehr große Gemüse- und Obstproduktionen mit Monokulturen müssen viele Pestizide und Herbizide spritzen, um ihre Produkte zu schützen. Außerdem sind Tomaten, Pfirsiche, Paprika, Trauben & Co. auch sehr sensible, da anfällige Erzeugnisse. Gerade beim „dreckigen Dutzend“ – übrigens definiert und untersucht von Greenpeace – lohnt es sich, auf Produkte von kleinbäuerlichen Strukturen zurückzugreifen.
Ein Ernährungsmythos, mit dem Sie unbedingt aufräumen wollen?
Dass Intervallfasten alleine, also ohne eine Reduktion der Kalorienzufuhr, zu einer Gewichtsabnahme führt. Letztendlich zählt immer noch die Gesamtenergieaufnahme. Studien haben aber auch gezeigt, dass es manchen Menschen leichter fällt, weniger zu essen, wenn das Zeitfenster fürs Essen kleiner ist.
Was findet man in Ihrem Kühlschrank immer?
Absolut immer: Frisches in Form von Salat und Gemüse – das zum Teil auch aus meinem eigenen Garten. Ein kleiner Luxus, der auch sehr gut schmeckt.
Ein – Ihrer Meinung nach – unterschätztes Lebensmittel?
Ich bleibe bei den Hülsenfrüchten. Die haben eindeutig mehr Liebe und Anerkennung verdient. Sie sind nicht nur vielseitig einsetzbar, sondern auch sehr gesund. Neben den Ballaststoffen, vor allem durch ihre B-Vitamine und Mineralstoffe. Wer sie vermeintlich nicht allzu gut verträgt, für den gibt es zwei Tipps: 1. Länger kochen und/oder vorher einweichen, das macht sie verträglicher und 2. dranbleiben – tatsächlich müssen sich Menschen, die eher ballaststoffarm essen, an ebendiese erst gewöhnen. Aber das geht und mittel- bis langfristig dankt es einem die Gesundheit.
Und zum guten Schluss: 3 Argumente für einen regionalen Einkauf?
Fangen wir mit dem wichtigsten an: Sie bekommen den vollen Geschmack. Was reif geerntet wird, konnte seinen Geschmack voll entfalten. Aus gesundheitlicher Sicht: ein längerer Transportweg bedeutet auch immer ein Verlust an Vitaminen, besonders bei anfälligen Vitaminen wie Vitamin C. Und natürlich: lange Transportwege haben nicht nur auf den gesundheitlichen Benefit von Früchten und Co. einen Einfluss, sondern auch auf das Klima.