Solange sich die Menschen hier in der Region erinnern können, wird das Hotel mitsamt seinen beiden Restaurants von Familie Oettinger geführt, einem echten Fellbacher Eigengewächs mit starker lokaler Bindung. Hier, im Ortsteil Schmiden, lenken die Brüder Michael und Martin Oettinger die Geschicke des Familienbetriebs in mittlerweile dritter Generation. Michael als Chefkoch in dem 2016 mit einem Michelin Stern dekorierten Gourmetrestaurant Oettinger’s, Martin als Hoteldirektor. Beide steuern das von Vater und Großvater aufgebaute Unternehmen mit Ruhe, Besonnenheit und einer bewundernswert unaufgeregten Attitüde in die Zukunft, beide haben das gute Gefühl, ihren ganz eigenen Bereich gefunden zu haben. Und beide, das merkt man im Gespräch sofort, könnten sich keinen schöneren Beruf vorstellen als die Gastronomie.

Von der Metzgerei zur Sterneküche

Mit dem Hirsch ist viel passiert, seit 1951 zur Metzgerei einige Fremdenzimmer dazukamen. Heute hat man über 100 Zimmer, ein Sternerestaurant, eine Weinstube und Dutzende Mitarbeiter. Wichtig war Oettingers von Anfang an eine bodenständige Natur und organisches Wachstum – vom ersten Hotelbau 1972 bis heute. Deswegen wurde auch der Generationswechsel über mehrere Jahre vorbereitet. „Damit sich auf beiden Seiten Vertrauen aufbauen kann“, wie Martin Oettinger sagt. Die Rechnung ging auf: Mancher Mitarbeiter ist schon seit über 40 Jahren im Hirsch. Der Erfolg des Betriebs ist für Oettingers aber auch an Fellbach geknüpft. „Fellbach ist ein starker Standort mit den Vorteilen von Stadt und Land“, fasst Michael Oettinger zusammen. „Wir sind der Speckgürtel von Stuttgart, das bringt viele Vorteile. Zudem wird die Region immer mehr auch touristisch entdeckt. Für Menschen, die guten Wein und gutes Essen mögen, sind Fellbach und die Region ein absolutes Traumziel.“ Seine Sterneküche natürlich auch: Klassisch, ohne angestaubt zu sein. Zeitgeistig ohne erzwungen hip zu tun. Und vor allem: Ohne Allüren.

Er kombiniert regionale, gern unterschätzte Zutaten wie Lauch oder Schwarzwurzel mit Krustentieren von erlesener Provenienz, er beschert einem französischen Klassiker wie der Gänseleber mit einem Dim Sum vom Bodenseeaal und asiatischer Aromafülle einen überraschenden, aber furiosen Partner. Nie aber sind die Gerichte übertrieben inszeniert oder avantgardistisch auf den Teller gehaucht. Das Produkt steht klar im Vordergrund, die französische Klassik flirtet charmant mit dem Zeitgeist.

Zudem betont er: „Teamwork zeichnet das Zusammenarbeiten zwischen mir und meinem Bruder aus. Dieser Teamgeist ist es auch, der unsere Küchen von der Weinstube bis in die Sterneküche verbindet. Spätzle schaben oder Bratkartoffeln rösten in der Weinstube ist deshalb auch für mein Team selbstverständlich. Alle haben immer das große Ganze im Auge: einen glücklichen Gast, der gerne wiederkommt.“ Gilt natürlich auch für den Chefkoch selbst, der unter anderem in der Traube Tonbach in Baiersbronn gelernt hat. „Der Stern war deswegen der Ritterschlag für uns, aber nie unser erklärtes Ziel.“ Das Ziel, das war ein anderes: „Ich wollte den Hirsch zum ersten Haus am Platz machen.“ Es ist ihm mit Bravour gelungen.